Gellysblog

Unser Schneebergabenteuer – 2. Etappe – bitte gebt acht!

| Keine Kommentare

Wer schon genug von den heißen Sommertagen hat, kann sich vielleicht ja jetzt schon einen Vorgeschmack auf den Herbst holen und dafür ein paar hundert bis tausend Meter höher steigen oder fahren, um sich ein bisschen abzukühlen, so wie wir das vor ein paar Wochen bei unserem Schneebergerlebnis mit inkludiertem Abenteuer getan haben.

Dank der Geburtstagseinladung meiner Freundin Carmen sind wir mit dem Salamander – der Schneebergbahn – und dann nach einer kurzen „Bergauf-Etappe“ auf breiten Schotterwegen auf der Fischerhütte (2046 m) mit tollem Rundumblick gelandet.

Begleitet von ein paar Bergrettern haben wir dann sogar noch auf unser Abendtour den Gipfel bestiegen, der über einen leicht ansteigenden Weg entlang dem Grat ca. 30 Minuten von der Fischerhütte entfernt ist. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich auch die Spur bzw. die Verwüstung, die ein Blitz auf der Almwiese hinterlässt gesehen. Sehr beeindruckend, doch auch ein wenig zum Fürchten, also waren wir sehr froh, dass wir noch bei gutem Wetter am Gipfel angelangt sind.

Auf einem so einfachen Weg die Seehöhe von 2076 Meter zu erreichen ist schon ein Erlebnis. Da ich ja ansonsten keine „Bergerklimmerin“ sondern eher eine „Flachländerin“ bin, war dieser – o.k. ein wenig „erschummelte“ Gipfelsieg – schon ein besonderes Erlebnis. Vor allem hatten wir an diesem Tag mit Regen gerechnet und waren sehr glücklich, dass wir doch trocken an unserem Ziel ankommen konnten.

Wir bezogen unsere sehr urig und gemütlich eingerichteten 2 bzw. 4-Bett-Zimmer und das Lager auf der Fischerhütte und freuten uns über die liebevoll hergerichtete Berg- und Geburtstagsjause – zu meiner Freude auch mit viel „Gemüse“ ,  lauschten und summten zu unssrer Wunschmusik und genossen einen netten Hüttenabend.

Als Überraschung konnten wir sogar noch einen sehr beeindruckenden Sonnenuntergang genießen – dank Kathi, der Hüttenwirtin, die alle Gäste informierte, dass jetzt gerade die Sonne untergeht. Also standen dann fast alle Hüttengäste vor der Hütte, um dieses Schauspiel gemeinsam staunend – und ich gefühlte hundert Mal fotografierend – zu bewundern.

Doch wie so oft, kommt es oft anders als man denkt, vor allem, wenn man mit Bergrettern feiert. Der kurz danach draußen aufziehende Nebel, die ersten Blitze und das viele Wetterleuchten in der Ferne – wie eine kaputte Neonlampe oder Discolicht – störten uns vorerst gar nicht, denn wir hatten ja unseren Unterschlupf gefunden und erreicht und fühlten uns auf der Fischerhütte super sicher. Gegen 22 Uhr kam ein Bergrettunsgsalarm, weil eine Person vermisst wurde bzw. nicht mehr am Ausgangspunkt angekommen war. Und nur ein paar Minuten später waren unsere 3 Bergretter schon bereit, ausgestattet mit Funkgeräten, Stirnlampen, einem Seil und allen Dingen die man voraussichtlich für so einen Einsatz benötigt.

Während die Damen beschlossen, eher die Hintergrundarbeit zu machen und in der Hütte den Funk abzuhören und auf Abruf bereit zu sein, falls noch mehr Hilfe nötig sein sollte, waren die 3 Jungs mit einem fahrbaren Untersatz – dem Hüttentraktor – schon losgefahren, um zur vermuteten Suchstelle zu gelangen. Und ich bewundere alle und ziehe meinen Hut – falls ich einen hätte – vor allen Helfern, die in dieser Gewitternacht ausgeschwärmt sind, um eine vermisste Person zu suchen.

Als dann noch der Hubschrauber angefordert wurde und unendlich lang mit seinen Scheinwerfern kreiste, ohne etwas zu finden, kam ich mir wirklich vor wie in einem Film. Die Spannung war bei uns zurückgebliebenen sicher größer als bei jedem Krimi, den ich jemals gesehen hatte. Und ich bin sehr froh, dass Maskulino nicht da draußen war, denn ich glaube diese Nacht war sogar für manche erfahrene Bergretter ein Hardcore Einsatz.

Erschwert wurde unsere Einschätzung der Lage auch durch die Dunkelheit und den Nebel. Denn die Lichter, die man manchmal von der Hütte aus sah oder auch nicht sah und sich nur einbildete konnte man überhaupt nicht bewerten. Sind das Spiegelungen der Blitze auf den Felsen, Stirnlampen, Traktorenlicht, Hüttenlichter? In der Finsternis kann ein Licht sehr täuschend sein. Man glaubt die Retter sind ganz nah, doch in Wirklichkeit sind sie noch km-weit weg, wir konnten die Distanz zur Hütte überhaupt nicht einschätzen.

Gesteuert und gelenkt von einem Einsatzleiter wurden verschiedene Teams an markante Punkte und Wege geschickt, um die gesuchte Person zu finden. Und so wie ich aus den Nachgesprächen entnehmen konnte, hatte jeder mit dem schlimmsten gerechnet. Und eine nicht mehr zu rettende Person bzw. die Reste davon zu finden, wünscht sich – so glaube ich – kein Mensch. Ich versuchte immer wieder positive Gedanken und Wünsche an die Person und an die Retter zu schicken, denn die Blitze und das Gewitter kam immer näher, sodass auch wir die Hütte nicht mehr verlassen wollten. Die Gesichtsausdrücke und die Mimik der Bergretterfrauen wurden auch immer sorgenvoller, wir fieberten total mit und drückten alle Daumen.

Als dann noch der plötzlich der erfolglose Hubschrauber abdrehte und im Dunkeln verschwand, hörten wir, dass er wegen der sich nähernden Gewitterfront nicht mehr länger kreisen konnte, wurde uns Passanten – und wahrscheinlich den Rettern auch – noch mulmiger. Doch tapfer und unermüdlich wurde vorsichtig in den Teams weitergesucht! Endlich ca. um Mitternacht wurde die Person dann gesund, aber erschöpft von einem Hilfstrupp gefunden und sicher ins Tal gebracht. Die Erleichterung war groß, und fühlte sich etwa so an: Wie wenn ein Felsen, den man vorher stundenlang auf den Schultern getragen hatte, auf einmal abgenommen wurde.

Ein großes Lob und meine Hochachtung an die in dieser Nacht aktiven Bergretter der Bergrettung Puchberg am Schneeberg. Als unsere 3 aktiven bei strömenden Regen und bedrohlich nahen Blitzen die Sicherheit der Hütte erreichten, waren wir alle sehr froh, glücklich und dankbar für das Happy End.

Und natürlich waren alle aufgewühlt, sodass noch eine lange Nachbesprechung nötig war und das Geburtstagsfest – jetzt wieder vereint – dann doch noch bis 5 Uhr in der Früh dauerte. So schön der sonnige Abend war, so bedrohlich die Gewitter in der Nacht waren, genauso schnell zog dann am nächsten Morgen plötzlich Regen und Nebel ein. Von einem Moment auf den anderen schlich der Wetterwechsel mit Nebel vom Tal nach oben und die Sicht reduzierte sich auf maximal an paar Meter.

Eine alte Dame, wollte bei dieser Aussicht und strömendem Regen trotzdem losgehen und ich muss gestehen, ich hatte schon die Befürchtung, dass uns der nächste Einsatz bevorsteht. Als die alleinwandernde ältere Dame nach ca. 15 Minuten und einem ziemlich ängstlichen und durchnässtem Gesicht doch wieder in die Hütte zurückkehrte, war ich richtig erleichtert. Also fragte ich nach ihrer geplanten Wanderroute und bot ihr an, ihr Vorhaben zu ändern und uns auf dem Weg zur sicheren Schneebergbahn zu begleiten. Sie nahm diesen Vorschlag dankbar an.

So warteten wir alle gemeinsam, bis sich der Nebel ein wenig gelichtet hatte, der Regen leichter wurde und marschierten gemeinsam hinunter in weniger hochalpines Gelände. Nach dem ersten Schotterwegabstieg ging es nur mehr leicht abfallend einen flacheren Weg entlang zur nächsten Hütte und dann zur Bergstation der Bahn. Ich glaube man kann uns die Erleichterung ansehen!

Durch diese Gewitternacht wurden wir wieder ein wenig ehrfürchtiger und umsichtiger. Das Wissen oder die Einsicht, dass man Dinge nicht erzwingen kann, vor allem, wenn das Wetter nicht dasselbe Vorhaben hat, wie die eigenen Planung im Kalender, sollte man vielleicht doch bereit sein, sich den Umständen zu beugen und seine Pläne ändern.

Was wir noch gelernt haben: Als ich den Rucksack einpackte, wollte ich zusätzlich zum Regenschutz und der Haube auch Handschuhe einpacken. Nachdem mich Maskulino belächelte und das mit den Worten kommentierte: Wir machen ja keine Expedition! habe ich die Handschuhe wieder ausgepackt. Dach als der raue Morgen nach der Gewitternacht mit einem Temperatursturz, sehr starkem Regen, der von der Seite kam und den der stürmische Wind so schnell bewegte, dass es sich auf der Haut wie Graupelschauer anfühlte, weiß ich, dass bei der nächsten Tour auf 2.000 Meter, auch wenn es Hochsommer ist, die Handschuhe dabei sein warden und eine Stirnlampe noch dazu!

Was ich beim nächsten Mal noch einpacke: eine „good old“ Digitalkamera. Denn nachdem ich von dem Panorama und der Vegetation so begeistert war, habe ich natürlich schon beim Aufstieg die ersten gefühlten hundert Fotos mit meinem Handy gemacht und siehe da – wir hatten noch nicht einmal die Hütte erreicht und mein Akku war schon leer. Lt. der Erzählungen ist das auch oft ein Grund, warum Personen so schwer gefunden bzw. gerettet werden können. Denn auch wenn Handyempfang wäre, wurden oft vorher schon zu viele Bilder gemacht, sodass der wichtige Hilferuf wegen eines leeren Akkus gar nicht mehr gemacht werden kann. Und siehe da – auch mir wäre das passiert, doch das merke ich mir. Entweder eine „good old“ Digitalkamera auf den Berg mitnehmen oder nur wenige bis gar keine Bilder machen, denn Sicherheit geht vor Schönheit!

Was ich nie machen würde?: Alleine auf so einsamen Wegen gehen – außer es besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass innerhalb von kurzer Zeit, andere Wanderer vorbeikommen.

Und noch ein Tipp: Begebt euch nie in die Latschen, sondern begnügt euch mir der Außenansicht. Mir war das überhaupt nicht bewusst, doch in vielen Gesprächen hörten wir von Unfällen oder Desorientierung, weil manche Menschen den Weg abkürzen wollten oder aus welchen Grund auch immer das innere eines Latschenfeldes betreten haben. Falls ihr den Berg wieder heil verlassen wollt, „stay outside“ und bleibt auf den hoffentlich gut markierten Wegen, denn die Sicht kann innerhalb von Sekunden verschwunden sein.

Wir waren ja in erfahrener Gesellschaft und wurden sicher bis ins Tal begleitet und sogar dort hat und noch ein Platschregen überrascht, den ich am Berg sicher nicht erleben möchte.

Diese Tour: Schneebergbahn – Waxriegel – Damböckhaus – Fischerhütte – Schneeberggipfel – Fischerhütte mit Übernachtung und am nächsten Tag retour zur Schneebergbahn ist wirklich ein besonderes Erlebnis und einfach zu schaffen. Doch trotzdem sollte man sich bewusstmachen, dass man in hochalpinem Gebiet ist und Sandalen oder Badehose, sind dort sicher nicht angebracht und können bei einem Wetterumschwung, so wie wir ihn erlebt haben, fatal sein.

Trotz dieser Erlebnisse möchte ich bald wieder auf den Berg und der kommende Herbst bietet sich dazu ja an. Meine Fitnessuhr freut sich sicher über so viele Schritte und Höhenmeter. Mit der richtigen Vorbereitung, der passenden Ausrüstung, dem genauen Wetterapp, der Flexibilität für Tourenänderung oder -verzögerung, Achtsamkeit und der Bereitschaft auf den Rat der erfahrenen Bergfexe zu hören, kann nämlich gar nichts schiefgehen. Ich freue mich schon auf weitere Bergerlebnisse – aber bitte ohne Bergrettungseinsatz, denn ich glaube fast alle Helfer sind auch ohne Einsatz gerne am Berg.

Auch euch wünsche ich schöne Bergerlebnisse in unserer wunderbaren Natur, sicheren Auf- und Abstieg und für den Notfall mutige aber trotzdem umsichtige Retter!

Alles Liebe von Gelly

Gellysblog

P.S.: Wahrscheinlich ist mein Beitrag für erfahrene Bergsteiger eher lächerlich. Zum Glück habe ich als „fast Laie“ im Hochalpinen Gelände innerhalb ein paar Stunden so viele Hopplas erlebt, gesehen und gehört, sodass das sicher eine gute Schule für mich war. Und trotzdem möchte ich nochmals rauf, vielleicht irgendwann auch ohne Bahn, aber sicher mit der richtigen Ausrüstung und einer guten Vorbereitung – auch oder gerade wenn es nur eine Tour für 1-2 Stunden ist – auch in dieser kurzen Zeit kann sich viel ereignen!

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.


*