Heute habe ich mich zwar wieder vegetarisch ernährt, doch der Übermut (vielleicht auch die Gier) hat mich wieder überrollt. Beim abendlichen Treffen mit meiner Freundin Marylin im schattigen Gastgarten hatte ich mir eine Portion gebackenen Kürbis bestellt. Sehr köstlich, aber so viel, dass ich – wie in letzter Zeit immer öfter – nach dem Essen total müde wurde. Anscheinend ist mein Körper mit dem Verdauen so beschäftigt, dass nicht nur die Lust auf Bewegung vergeht, sondern sogar mein Plauderbedürfnis durch eine anscheinende Kieferschwäche sofort vergeht.
Eigentlich schade, denn diesen sommerlichen (fast) Vollmondabend hätte ich gerne länger ausgekostet. Einmal war´s sogar noch peinlicher: Zu Besuch bei meiner Freundin Gina war die Minestrone und das anschließende Gulasch so köstlich, sodass ich mir immer wieder nachgeben ließ. Und siehe da, gleich nach dem Essen wurde mir schummrig und ich musste ihre geliebte rostbraune Ledercouch, die eigentlich nur als Leseecke dient und schon gar nicht als Gästebett gedacht war, umwidmen und mich kurz niederlegen, bis mein Kreislauf wieder in Schwung kam.
Aufgrund des heutigen Erlebnisses nehme ich mir fest vor, in Zukunft wieder kleinere Portionen zu mir zu nehmen. Oft klappt das ja auch ganz gut. Entweder gibt es Seniorenteller – jetzt verstehe ich endlich, wieso diese kleineren Portionen so genannt werden -, da man mit zunehmendem Alter anscheinend wirklich mit weniger satt ist. Ich muss gestehen, diese zu bestellen, widerstrebt mir zwar schon sehr, denn von der Pension bzw. dem „Amtstitel“ Seniorin fühle ich mich noch sehr weit entfernt, obwohl es ja nur mehr 13 Jahre bis dorthin sind. (Vielleicht?)
Eine Zeit lang habe ich regelmäßig einen Kinderteller ausgesucht, wobei hier die vegetarische Auswahl in Gaststätten sehr spärlich ist. Das Maximum an fleischloser Kost sind meist Fischstäbchen, die dann mit irgendwelchen Phantasienamen wie z.B. „Captain Cook“ bezeichnet werden. Wenn ich doch mal Lust auf was Deftiges habe, bestelle ich mir gerne ein „Kinderwiener“ mit Pommes, Preiselbeeren und Mayonnaise. Natürlich versuche ich, dass diese Tage weniger werden. Hier spielt aber auch der Neid oder die Gier ein wenig mit. Ich liebe Gebackenes, obwohl ich weiß, dass mein Magen damit dann doch wieder gut, manchmal sogar zu viel beschäftigt ist – manchmal wirkt das so, als ob er mich gleich nach der Arbeit (dem Essen) nach einer „Schwerarbeiterzulage“ fragt – wie ein fiktives Magenarbeitsrecht: Ich habe jetzt Anspruch auf einen Verdauungsschlaf. Wenn aber alle anderen Mitesser Schnitzel bestellen und nicht kostwillig sind, kann ich schwer auf mein gebackenes Menü verzichten, also wechselte ich zum Kinderschnitzel.
Eine Bestellung des „Kinderschnitzels“ wird mir immer in Erinnerung bleiben. Als ich mir einmal auf einer Autobahnraststätte – Rosenberger oder Landzeit, ich weiß nicht mehr genau wo das war – ein Kinderschnitzel bestellte, bekam ich prompt innerhalb kürzester Zeit mein Zeichenblatt und bunte Stifte zum Ausmalen. Das Lustigste daran war allerdings das Gesicht des Kellners, als er mir diese Spielsachen überreichte. Zuerst suchte er ziemlich lange ein Zeichen für das Kind am Tisch, damit das Zeichenblatt auch an die richtigen Position geliefert wurde, bis ich dann sagte: Danke das ist für mich. Ja, ein kundenorientierter Kellner, der seine fixen Tische zu bedienen hat, würde das registrieren, dass ich vielleicht kein Interesse an einem Spielzeug habe, wenn ich mir als Erwachsene ein Kindermenü bestelle. Der Bestellcomputer registrierte aber natürlich nur Kindermenü, der hat ja keine Augen am Kopf bzw. auf der Festplatte bzw. zum Glück noch nicht. Ein sehr lustiges Erlebnis und das Menü mit den Spielsachen als Beilage schmeckte trotzdem gut. Vielleicht probiert ihr das ja mal aus – geht aber nur in „anonymen“ Gaststätten und wahrscheinlich auch in Selbstbedienungsläden. Kleine Portionen mit Spaßfaktor, vielleicht ist ja auch eine Fahne oder ein Schlecker dabei, oder der Kellner denkt mit – ein guter Test für die Kundenorientierung der Gaststätte.
Wenn ihr weder in die Rolle von Senioren noch in die von Kindern schlüpfen wollt, vielleicht macht es euch ja auch so viel Freude wie mir, Speisen zu teilen. Ich freue mich immer, wenn ein Mitbesucher des Restaurants, mit mir eine Speise teilen möchte. Nach einer halben Hauptspeise schmeckt nämlich die Nachspeise umso besser. Ich brauche nämlich fast immer eine Nachspeise als Abschluss meines Mahls. Mein Freund Maskulino versteht das gar nicht. Er ist generell wenig Süßes und eine Nachspeise zu bestellen, obwohl man die Hauptspeise nicht mehr zusammenessen konnte, gilt bei ihm sogar als etwas ganz Furchtbares, wie eine Sünde oder ein Verbrechen. „Man kann doch nicht zu satt für die Hauptspeise sein und dann noch Platz für die Nachspeise haben!“. Meine Freundinnen verstehen das allerdings sehr gut, vielleicht ist dieser Gusto geschlechtsabhängig? Ich freue mich immer darüber, wenn jemand mit mir die Nachspeise teilt, und bei weiblichen Tischgenossinnen ist diese Freude meist auf beiden Seiten vorhanden, aber ich kenne nur wenig Männer, die von sich aus bereit sind, Speisen zu teilen. Einige sind dazu bereit, aber passiert das vielleicht nur um uns Frauen glücklich zu machen? Ich habe das noch nicht genau herausgefunden.
Glücklicherweise finde ich oft Speiseteilbereitwillige, besonders bei den Nachspeisen, vor allem, wenn´s etwas neues Kreatives gibt, dann traut man sich alleine vielleicht nicht drüber. Vielleicht schmeckt es ja dann doch nicht, die Creation Surprise, und der finanzielle Aufwand wird quasi buchhaltärisch als umsonst eingestuft – ohne Input. Allerdings fühlt sich das geteilte Erlebnis entweder an wie: Geteiltes Leid ist dann halbes Leid, wenn vor lauter Gier dann beide Mägen zu schmerzen beginnen oder im Idealfall ist – zumindest für mich – geteilte Freude und gemeinsames Genießen (immer besser als in Isolation). Wenn man schon z.B. unbedingt als einzige noch einen Eisbecher bestellen muß, reicht da nicht vielleicht eine Kugel von der Lieblingsgeschmacksrichtung, müssen es dann gleich mindestens 3 sein oder sogar ein ganzer Becher mit bis zu einem halben Liter gefüllt mit allem möglichen zuckerhältigen Bestandteilen inklusive Schlagobers? – Mein Favorit ist, ein Twinny Eis zu teilen, wobei da die Teilenden unbedingt unterschiedliche Geschmäcker brauchen, denn wenn beide grün wollen, gibt´s dann immer einen Looser, was ja nicht der eigentliche Sinn des Teilens ist.
Wie gesagt – teilen ist nur bei Maskulino überhaupt nicht möglich. Es hat ganze 5 Jahre Lebensgemeinschaft gedauert, bis ich mir z.B. nur ein Pommes von seinem Teller nehmen durfte und das auch nur, wenn er eigentlich schon satt war. Er erklärt das immer so: Ich bin in einer Großfamilie aufgewachsen, wir waren 7 Kinder – da war man froh, wenn man ein paar Löffel auf seinem Teller hatte und besonders wenn´s etwas Gutes gab, wie z.B. selbstgemachte Mohnnudeln, war´s auf jeden Fall immer zu wenig. D.h. das was auf dem Teller ist, wird selbst aufgegessen und auch nie zurückgeschickt. Im Notfall muss der Schnaps danach dann wieder für Ordnung im Magen sorgen.
Also vielleicht probiert ihr´s mal, Kinder oder Senioren zu spielen oder teilungswillige Mitesser zu finden. Auf jeden Fall bringt das Abwechslung in eure Essensgewohnheiten, vielleicht ein paar Kilos weniger und trotzdem neue Genüsse oder auch lustige Erlebnisse.
Einen guten Appetit wünscht euch
Gelly
Gellysblog