Bei unserem Kurzurlaub am Meer hatten wir diesmal ein wirklich sonderbares Erlebnis am betonierten Strand von Slowenien, das wir nie vergessen werden. Wir wollten uns für ein paar Tage der Gegend zwischen Portoroz und Piran die Sonne auf den Bauch scheinen lassen. Das war genauso lange möglich, bis die Russen kamen und uns mit der drohenden Faust von unseren Liegenplätzen verjagten.
Frohen Mutes marschierten wir an diesem Vormittag zu einem Strandabschnitt, der vor einem Fünfsterne Hotel lag, um es uns dort gemütlich zu machen. Am Vortag informierten wir uns vorsichtshalber, ob auch hotelfremde Personen, diesen bewirtschafteten Strand benutzen dürften. Man versicherte uns, natürlich seien wir herzlich willkommen, es würde uns sogar noch ein Rabatt gewährt werden, da wir in einem Partnerhotel wohnen.
Wir zahlten brav 21 Euro für zwei Liegen und einen Sonnenschirm. Mit dem Ticket in der Hand begutachteten wir die bereits mit säuberlich zusammengelegten neutralen Hotelhandtüchern vorbereiteten Liegen in der ersten Reihe. Von vor Ort habe ich leider keine Liegenfotos, doch so ähnlich sahen sie aus: Alle nicht benutzen Liegen, die wir auf den ersten Blick vorfanden, waren zugemacht und mit Handtüchern bedeckt.
Von den vielen so vorbereiteten Liegen entschieden wir uns für die zwei, die uns den besten Meerdirekteinstieg über die Steine davor ermöglichten. Noch bevor wir unsere Sachen ausbreiteten, war schon der Sonnenschirmboy herangeeilt, der uns gegen Vorlage des Tickets auch gleich noch einen Schattenspender montierte.
Wir waren für ein paar Stunden überglücklich. 2 Liegen mit Sonnenschirm direkt am Meer, schöne Aussicht, klares Wasser und strahlender Sonnenschein, was will man mehr?
Ein paar Stunden später, so gegen 15 Uhr wurde auf einmal bei unseren Liegennachbarn diskutiert und gestikuliert. Ein fülliger, schwitzender, nach Alkohol riechender Mann kam mit einer jungen Frau und zwei Kindern zu den Nachbarliegen. Sie waren zwar nur zu viert, hatten ihre Liegen schon belegt, doch irgendwie waren sie der Meinung, sie hätten auch ein Anrecht auf die weiteren zwei Liegen unsere rechten Liegennachbarn. Man hört nur in – so glaube ich – russischer Sprache: Dawai, Dawai, … und in englischer Sprache: ours, ours, ours. Unsere Liegennachbarn wurden gleichzeitig noch beschuldigt, eine farblose Schwimmbrille gestohlen zu haben, die auf deren Sonnenschirmtischerl lag.
Ab diesem Moment war es mir unmöglich, mich weiterhin auf die schöne Aussicht zu konzentrieren. Nach endlosen lautstarken Diskussionen räumten unsere Liegennachbarn den Platz und überließen den Neuankömmlingen die Liegen, die diese anscheinend als ihr Eigentum ansahen. Auf den zwei jetzt wieder freien Liegen wurden stolz und siegessicher zu den gebrauchten Hotelhandtüchern wieder eine Schwimmbrille und eine Kappe gelegt. Ich hoffte sehr, dass diese Gegenstände für die nächsten Stunden unsere Liegennachbarn bleiben werden, denn auf weitere hitzige Diskussionen hatte ich an diesem bis jetzt traumhaften Urlaubstag keine Lust.
Nachdem Maskulino die Situation gar nicht mitbekommen hat, weil er grad schnorcheln war, wollte ich ihn ursprünglich gar nicht mit diesem Ärgernis beunruhigen. Doch zirka eine Stunde später kam noch eine Dame, die dieselbe Sprache sprach wie die Streithähne, zu den unlustigen Liegennachbarn dazu. Und dann hörte ich schon, wie offensichtlich in der russischen Sprache gezählt wurde: Wobei ich mir nur die Zahlen dwa und tri gemerkt habe. Die ganze Familie stand jetzt hinter den Liegen und zählte mehrmals bis sechs, doch anscheinend waren sie mit dieser Liegenzahl in der ersten Reihe noch nicht zufrieden. Ich befürchtete schlimmes, doch es kam noch schlimmer.
Die junge Frau stellte sich vor unsere Aussicht zwischen Liege und Meer und fragte uns im gebrochenen Englisch, ob wir im Hotel wohnen. Maskulino antwortete mit ja. Dann fragte sie noch, ob das unsere Handtücher wären, die wir unter unseren eigenen aufgelegt hatten. Nein, antwortete Maskulino, die wären vom Hotel, doch die waren schon da. Und dann ging es los: „Sind das ihre?“ – „Nein, vom Hotel.“ Bis die Diskussion lauter wurde und sie sinngemäß meinten, wir hätten ihre Handtücher gestohlen, die gehören ihnen. Maskulino wollte der Dame die Hotelhandtücher abgeben, doch dazu kam es gar nicht mehr.
Der füllige, schwitzende, nach Alkohol riechende – lt. Maskulino auch sabbernde Mann kam nun im Eilschritt auf uns zu, lehnte sich über meine Liege, hielt Maskulino die Faust vors Gesicht und schrie wieder in einer Sprache herum, die wir nicht verstanden, wobei immer wieder das Wort „dawai“ hörten. Während ich hilfesuchend den Bademeister auf seinem Turm winkte und hoffte, er würde runtersteigen und uns zu Hilfe kommen, kamen gleichzeitig die jungen Damen zu unseren Liegen, um den Störenfried zu beruhigen.
Doch der Bademeister griff cool zu seinem Handy oder Funkgerät und machte keine Anstalten, diesen Tumult in irgendeiner Form zu klären. Es dauerte gefühlte Ewigkeiten in denen die unbekannte Faust immer wieder in die Nähe von Maskulinos Gesicht kam und sich dann mit Hilfe der Damen wieder ein Stück wegbewegte. Maskulino war fast schon versucht, aufzustehen und die Situation unter Männer zu klären, doch zum Glück konnte ich ihn davon abhalten. Denn gut gepolstert auf unseren bald ehemaligen Liegen schien wir auf jeden Fall sichererer gegen diese Attacke zu sein, als an jedem anderen Platz. Als er dann sah, dass sich der Eigentümer der Faust sogar schon selbst, wo auch immer – wir glauben durch den Sonnenschirm unter den er gestürmt war – an den Oberarmen verletzt hatte und blutete, wollte dann auch er noch weniger einen direkten Körperkontakt riskieren.
Endlich sah ich von der Ferne den Bademeister und den Rezeptionisten, der uns das Liegenticket verkauft, ganz langsam und gemächlich auf uns zu kommen. Ich sagte nur „Moment“ und zeigte hoffnungsvoll auf die herannahenden Streitschlichter, sodass sich der rabiate Herr umdrehte und endlich wieder von unter unserem Sonnenschirm auftauchte. Er ließ es sich aber nicht nehmen, noch mein dickes Buch zu grabschen und direkt auf mich zu werfen. Zum Glück hatte ich mich zuvor für eine Softcover Variante für meine Urlaubslektüre entschieden, sodass ich durch den Buchwurf nur ein paar leichte Hautrötungen abbekam, die bald wieder verschwanden.
Die Streitschlichter wollten die Situation klären und einen Weg finden, dass wir weiter ungestört unseren bereits stundenlang gewohnten Liegen behalten durften. Doch neben solchen Nachbarn wollten wir unseren Urlaubstag sowieso nicht verbringen. Also packten Maskulino und ich unsere sieben Sachen ohne neutralem Hotelhandtuch, das anscheinend die Leihgabe für die russischen Gäste war, die dieses wie ein Goldstück behandelten und suchten und einen neuen Platz mit freien Liegen ohne Hotelhandtüchern. Die Streitschlichter gaben uns Begleitschutz, halfen uns dabei, alles einzupacken und transportieren, und folgten uns mit dem gemieteten Sonnenschirm.
Die Aufpasser fragten uns dann, aus welchem Land diese Streithälse waren, weil sie ihre Sprache nicht verstehen konnten. Nach den paar einzelnen Worten die uns bekannt vorkamen, vermuteten wir aus Russland. Als wir das aussprachen, meinten die Teilzeit-Sommer-Securitis: Eh´ klar, die machen immer Schwierigkeiten.
Wir fanden wieder einen Platz in der ersten Reihe, waren aber entschlossen, dass dies der letzte Tag an diesem Fünf Sterne Hotelstrand sein wird, der anscheinend nur halbherzig auch für andere Gäste vorgesehen ist. Leider hatte uns niemand darauf hingewiesen, dass die acht Liegen in der ersten Reihe von den russischen Gästen reserviert waren und es uns nur erlaubt war, Liegen ohne Hotelhandtüchern aufzuklappen und zu belegen. Wenn wir das gewusst hätten, dann hätten wir unseren Urlaub ganz gemütlich ohne Liegentraume verbringen können.
Was wir daraus gelernt haben – ab sofort bleiben wir wieder fern von Hotels, je mehr Sterne umso weiter weg, und buchen uns wieder ein Apartment mit einem Balkon und zwei Sesseln, die kann uns wenigstens keiner abspenstig machen. Im Idealfall finden wir dort auch eine Dachterrasse, mit ausreichend Liegen für alle Hausgäste.
Ich hoffe für euch, dass ihr in euren wohlverdienten Urlauben weniger Streitigkeiten oder Missverständnisse mit euren Strandliegen erleben müsst. Und ja – ich bin für ein Verbot von Liegenreservierungen – vor allem dann, wenn man diese dann sowieso nur für eine Stunde benutzt und dann eh´ gleich wieder in die nächste Strandbar zum Nachtanken abdüst.
Was ich euch wünsche, falls es euch auch an vielbevölkerte Strände zieht? Sonnige Tage, angenehme Liegennachbarn und friedvolle Urlaube
Gelly
Gellysblog
P.S.: Und nachdem jede schlimme Situation zumindest auch ein kleines Fünkchen Positives in sich trägt, war das auch in dieser Situation so. Maskulino meinte am Abend, als wir unser Abenteuer bei einem Glas Wein und einer Schockzigarette nachbesprachen: „Es war zwar nicht angenehm, das zu erleben, doch es war auf jeden Fall besser, von diesem rabiaten Typen Abstand zu halten, denn der war ja nicht ganz dicht und vor allem schon stockbesoffen.“ Ich meinte noch, dass ich schon sehr froh war, dass sich Maskulino zurückhalten konnte und auf die Provokation dieses aggressiven Typen mit Verstand reagiert hat. Und sein Schlusssatz: „Wenn er dich angegriffen hätte, dann hätte ich ihm schon eine reingehauen – es war schon urgrausig, wie der gesabbert hat, da hätte ich dich schon gerettet.“
Solche Worte zu hören – auch wenn ich sehr froh bin, dass er mich nicht retten musste und in der brenzligen Situation einen kühlen Kopf bewahrt hat, ehren einem dann schon sehr. Jetzt bin ich mir noch sicherer, dass ich mit Maskulino den richtigen Mann an meiner Seite habe – und das nicht nur für den Urlaub!