… und das durch die schönste Weinberglandschaft, die ich bis jetzt in meinem Leben gesehen habe. Dank der Motivation durch unserer Sommernachbarin Gudrun haben wir am vergangenen Sonntag noch eine Saisonabschlussradtour gemacht und wir kamen aus dem Staunen über die vielen Farbschattierungen und das Leuchten der bunten Blätter in den Weingärten – ganz besonders im Sonnenlicht bei strahlend blauem Himmel – auf dieser für uns neuen Strecke zur idealsten Zeit des Jahres gar nicht mehr heraus.
Wir begannen unsere Tour wie so oft im Naturseebad Breitenbrunn und radelten zuerst zum Bahnhof. Wir wollten unseren jüngsten in der Truppe, Benjamin, nicht überstrapazieren und die geplante Tour mit einer Bahnfahrt abkürzen. Schon alleine das Abenteuer Bahnfahren mit dem Rad war dann schon ein Erlebnis für sich.
Zuerst drückten wir die „Bitte Anhalten“ Taste, da der Zug anscheinend nur nach Aufforderung und nach Bedarf hält, so war es zumindest beschrieben. Anscheinend waren wir dafür etwas zu früh dran, denn schon 2 Minuten später hielt ein Zug an, der allerdings in die falsche Richtung fuhr, entgegengesetzt unserem Ziel.
Also nochmals nachlesen, Ticket am Automaten kaufen und eine Wartezeit von ca. 30 Minuten am Bahnhof verbringen, war als nächstes dran. Irgendwie war diese Wartezeit aber gar nicht so schlecht. Endlich hatten wir einmal Zeit so richtig zu Plaudern und die nähere Umgebung im Detail zu betrachten. Wenn man die ganze Woche von einem Termin zum anderen hetzt, ist es auf einmal ganz ungewöhnlich, wenn man eine Wartezeit von 30 Minuten ohne Ablenkung und Infrastruktur, sondern einfach nur mit Freunden verbringt, schon alleine dieses leider schon etwas fremde Gefühl, war ein markantes Ereignis an diesem Sonntag.
Auf einmal sahen wir einen „Kampfjet“ hinter der Baumallee hervorschießen, der von einem ziemlichen Lärmpegel begleitet wurde. Anscheinend war hier grad ein Modellflieger unterwegs, der uns die Wartezeit mit allen möglichen Kunststücken verkürzte und mit seiner Lautstärke unsere Gespräche übertönte.
Zum Glück hatte Benjamin nicht vergessen, noch einmal den „Bitte halten“ Knopf zu drücken. Und als der Zug dann in die Station einfuhr, waren wir zuerst ein wenig verdutzt, weil der Radwagon gleich hinter der Lokomotive positioniert war und wir mit unseren Rädern natürlich genau am anderen, nämlich am hinteren Ende des Zuges standen, als er zum Stehen kam.
Gudrun und Benjamin liefen pflichtbewusst mit ihren Rädern den Zug entlang und stiegen dann etwas weiter vorne ein, doch bis zum Radwagon hatten sie es auch nicht geschafft. Die Herren und ich nahmen aus Bequemlichkeit oder aus Angst, sonst die Abfahrt zu versäumen, mit unseren Rädern gleich den nächsten Einstieg. Was wir allerdings nicht bedacht hatten, das wir 3 mit unseren Rädern somit gleich die ganze Ein- und Ausstiegszone blockieren würden. Zum Glück waren nur nette, rücksichtsvolle und nicht meckernde Mitreisende im Wagon, die sich beim Einsteigen oder dem Verlassen des Zuges ganz vorsichtig zwischen uns durchschlängelten.
An unserem Zielort Schützen gelandet, standen wir zuerst ziemlich planlos herum. Wir konnten weit und breit keine Radwegbeschilderung und auch keine Umgebungskarte finden. Also zückte Martin seine mitgebrachte Karte und wir standen alle rätselnd davor. Wir wollten nach Oggau und dann weiter nach Rust und wie immer, wenn viele Leute mitreden, wollte jeder von uns in eine andere Richtung losfahren.
Meist übernimmt in solchen Situationen dann Maskulino einfach die Führung und fährt los, indem er sich ganz sicher ist, dass ihm alle folgen werden. Manchmal klappt das, und die Richtung stimmt, manchmal landeten wir allerdings schon in einer Sackgasse oder erreichten eine sonstigen Absperrung und wurden z.B. von Kleingartenbesitzern geschimpft, weil wir das Fahrverbot – und das gilt auch für Fahrräder – missachtet hatten und so vielleicht einen Blick in ihren eh großteils von Thujen abgeschirmten Garten erhaschen konnten. Diesmal hatte Maskulino aber die richtige Nase und unsere Route von Schützen nach Oggau war ein Traum.
Wir überquerten die Schienen am Bahnübergang und fuhren zuerst Richtung Ortsende zum in der Ferne sichtbaren Weinberg. Dann entschieden wir uns für die kleine Straße, den Güterweg, der geradeaus in die Wienberge führte, um die viel befahrene Hauptstraße zu meiden. Wir hielten und dann immer links den Berg oder sagen wir lieber Hügel entlang und landeten wirklich in Oggau. Auf dieser kleinen Nebenstraße waren wir fast alleine unterwegs, es kam nur ganz selten ein Auto und ein paar Wanderer waren unterwegs, die anscheinend die links und rechts von uns liegenden Naturdenkmäler erkunden wollten. Ein paar Eindrücke der Umgebung findet ihr hier
http://www.oggau.at/de/tourismus/freizeitaktivitaeten/wandern.html
Auf dieser Route musste ich allerdings immer wieder stehen bleiben, weil ein Blick schöner als der andere war. Wir hatten genau den perfekten Zeitpunkt erwischt an dem die Blätter in allen Farben zu sehen waren und gleichzeitig durch das Sonnenlicht und den blauen Himmel richtig kitschig zum Anschauen waren. Leider sind nicht alle Fotos scharf geworden, anscheinend wollte ich – rücksichtsvoll wie ich manchmal bin – den Rest der Truppe nicht zu lange warten lassen.
Und nachdem unser Ziel das Gans Burgenland Genuss Festival in Rust war, radelten wir munter von Oggau aus den B10 Radweg weiter nach Rust. Wir beobachteten kurz das Treiben rund um das aufgebaute Zelt am Hauptplatz, das beim Frühshoppen mit Blasmusik und einem Animateur in Form eines Witzeerzählers schon gut besucht war. Wir entschieden uns dann einen Ganslkebap vom Gut Purbach zu probieren, den unser Sommernachbar Lukas mit voller Konzentration perfekt zubereitete. Ein Kebap mit Gans, Rotkraut und Maroni ist schon eine besondere Kreation, die uns auf den von der Sonne gewärmten Stiegen zur Fischerkirche besonders gut schmeckte.
Am Weg zur neuen öffentlichen Toilette entdeckten wir noch das „nette“ Kaffeehaus etwas abseits vom Trubel, wo wir uns dann noch einen köstlichen Kaffee schmecken ließen und uns an diesem sonnigen Platz fast einen Sonnenbrand holten. Da wir aber nicht so die Trubeltypen sind, beschlossen wir recht bald die Rückreise anzutreten.
Am B10 Radweg zurück nach Oggau wurden wir dann allerdings von nächsten Gans Trubel überrascht. Der Radweg war für Radfahrer gesperrt, also mussten auch wir zu Fuß gehen und schieben. Die spannende Mischung zwischen weintrinkenden und schlemmenden Sonntagsausflüglern, mit Hund, Kind und Tracht und uns sportlichen schiebenden Radfahren war etwas komisch, doch das Ambiente in den Weinbergen war mit Dekoration und Strohbellen sehr liebevoll gestaltet.
Für den Retourweg nahmen wir Strecke am Radweg von Oggau zurück nach Donnerskirchen, die aber im Gegensatz zu vorher sehr langweilig und uninteressant war, sodass Benjamin die Lust auf die weitere Heimreise mit dem Rad verloren hatte. Also kauften sich Gudrun und Benjamin wieder ein Zugticket und nahmen den Zug von Donnerskirchen zurück nach Breitenbrunn.
Und auch dort am Bahnhof konnten wir unerfahrene Zugfahrer wieder lernen, dass man den Fahrplan ganz genau, bis ins kleinste Detail lesen muss. Zuerst warteten wir nämlich auf einen Zug, der nur wochentags fährt. Nach der anfänglichen Verwirrung entspannten sich Gudrun und Benjamin dann sogar noch auf der Muschel des Kinderspielplatzes und verbrachten so wieder eine angenehme Wartezeit von 30 Minuten.
Wir „Sportler“ wollten aber mit dem Rad heimfahren und schafften dann doch noch weitere Kilometer, sodass sich am nächsten Tag sogar ein kleiner Muskelkater einstellte. Also falls ihr euch auch noch einmal für heuer zu einer Radtour motivieren wollt, die einfache Strecke zwischen Schützen und Oggau bringt einem den Weinherbst so richtig nahe und ist eine tolle Wohltat für das Auge.
Ich wünsche euch ein schönes Wochenende mit euren Rädern oder mit den Wanderschuhen, schönes zu entdecken gibt es auf jeden Fall noch genug in dieser tollen Herbstlandschaft, die uns heuer geschenkt wird, also braucht ihr die bunte Herbststimmung gar nicht lange suchen.
Alles Liebe von
Gelly
Gellyblog
P.S.: Was allerdings bemerkenswert war: Auf manchen Etappen kamen wir uns fast vor, wie hinterwäldlerische Exoten, denn gefühlt die Hälfte oder noch mehr Radfahrer die ebenfalls unterwegs waren, rauschten an uns vorbei oder kamen unerwartet echt schnell näher – eh´ klar E-Bikes sind anscheinend „mehr als in“, auch auf diesen flachen Wegen!
P.P.S.: Mein Kleidungstipp für Herbstradtouren: bewußt langsam fahren, damit der Fahrtwind nicht zu sehr kühlend wirkt, dann hat man auch genug Möglichkeiten und Zeit, die bunte Umgebung im Detail wahrzunehmen. Helm und eventuell ein dünnes Stirnband darunter und ein Halstuch sollten mit dabei sein!