Nachdem ich in meinem bisherigen Leben schon viele tausend Kilometer und Stunden über den Wolken verbracht habe, kann ich auf einen gewissen Erfahrungsschatz bei Flügen zurückgreifen. Doch was sich derzeit im Flugverkehr abspielt, gleicht schon eher einem Kabarett als einem Vergnügen.
Maskulino und ich hatten uns ja entschlossen, die Weihnachtsfeiertage im sonnigen Süden zu verbringen und nachdem wir noch keine Monate Zeit für unseren Winterurlaub zur Verfügung haben, griffen wir auch diesmal auf das Reisemittel Flugzeug zurück.
Im Vorjahr waren wir mit einem der letzten Flyniki Flüge unterwegs und heuer machten wir unsere ersten Erfahrungen mit Laudamotion. Normalerweise genießen wir die Flüge und freuen uns schon drauf, doch was wir diesmal erlebt haben, war die Krönung unserer Flugabenteuer im Bereich Service. Nicht wegen der Technik und der Hektik, sondern wegen der Menschen, werden wir auch diesen Flug nicht so schnell vergessen, doch leider nicht nur in positiver Erinnerung halten.
Das angenehmste an unserer Reise waren eigentlich die pünktlichen, freundlichen Taxifahrer, die uns zum und von Wiener Flughafen brachten. Und dass unser Flug Verspätung hatte und wir schon bei der Abreise ein paar mehr Stunden am Flughafen verbracht haben, dafür kann ja niemand etwas und das haben wir noch mit Gelassenheit zur Kenntnis genommen.
Abgesehen davon, dass es am Flughafen und im Flugzeug für meine Verhältnisse meist viel zu kalt ist und diesmal auch fast an jeder Ecke gezogen hat, sodass ich schon im Wartebereich mit allen Schichten inklusive Kapuze bekleidet war, finde ich die langen Wege, die sich seit dem Umbau (Verbesserung?) des Wiener Flughafengeländes noch um vieles verlängert haben und den Zustand und die Lage der Toiletten meist eine Katastrophe.
Und wenn man sich denn noch aufgrund der Verspätung vor Ort kulinarisch versorgen und stärken muss, dann wird für schlechte Qualität und schlechten Service und ungemütliche Lage gleich ein Teil der Urlaubskasse verbraucht.
Erstens habe ich den Eindruck, dass die Flugzeuge gar nicht mehr gereinigt werden. Beim ersten Benutzen des Ablagefaches, worin ich mein Buch zwischenlagern wollte, griff ich gleich in ein „angeschneuztes“ Taschentuch, welches mein Sitzvorgänger dort versteckt hatte. Am Boden lagen Brösel, Stifte, eine leere Plastikflasche und eine Metalldose herum.
Zweitens wurde nach dem Start für ca. 2 Stunden das „Bitte anschnallen“ Zeichen nicht ausgeschaltet. Irgendwann wurden so manche Passagiere dann schon zappelig und wollten sich etwas von den Oberfächern holen oder zur Toilette gehen. Mindestens 3 x schrie jemand – der Copilot oder der Chefsteward? – setzten sie sich nieder über den Lautsprecher. Die Stimme wurde immer lauter, unfreundlicher und forscher, was aber manchen Passagieren anscheinend total egal war.
Mit dieser grantigen Stimme über die Lautsprecher kamen wir uns dann richtig beobachtet vor und suchten die Kameras, die scheinbar irgendwo versteckt sein mussten. Sobald irgendjemand den Versuch startete, sich von seinem Sitzplatz nur ein wenig zu erheben, kam sofort der Ordnungsruf, den alle ignorierten. Ein wenig mehr Gehör verschafft sich dann die freundliche Stimme: „Achtung, hier spricht ihr Kapitän. Bitte …“. Dann kehrte endlich ein wenig Ruhe ein und man konnte zumindest ein wenig schlummern und wurde nicht andauernd durch schimpfende Aufforderungen wieder geweckt.
D.h. wir hatten vorerst 2 Stunden kein Bordservice, was uns nicht so extrem störte, weil wir uns sowieso immer 2 kleine Wasserflaschen am Flughafen befüllen. Auch unsere Blase war noch nicht so voll, dass wir auf die Eröffnung der Toilette hin fiebern mussten. Nur der Magen knurrte schon ein wenig, denn auf die Flugverspätung plus das verspätete Bordservice waren wir kulinarisch nicht vorbereitet.
Was haben wir daraus gelernt? Bei unserer nächsten Flugreise werden wir sicher wieder zum kompletten Selbstversorger, denn auf ein Serviceangebot kann man sich nicht mehr verlassen. Getränke und Speisen selbst organisiert und mitgebracht werden ab jetzt immer auf unserer Packliste stehen. Komisch, man fliegt um die Welt und ist gezwungen, sich selbst zu versorgen, wie beim Besuch einer einsamen Berghütte.
Die Stimmung unter den Passagieren wurde dann immer grantiger. Denn ein paar vorsorgliche Sitznachbarn packten gleich nach dem Start ihr Selbstversorgerpaket aus und hatten ausreichend Wasser, köstliche Brötchen und duftende Mandarinen dabei und diesen Proviant klugerweise auch unter dem Vordersitz zwischengelagert. Denn Aufstehen war gefühlte stundenlang nicht erlaubt!
Dadurch sah man schon die ersten neidischen Blicke der Sitz- und Reihennachbarn. Wieso kann der schon trinken oder essen und ich nicht, wo bleibt das Bordservice? Oder nennen wir es lieber die Laufstegeröffnung? Bei unserem Hinflug wurden wir von total desinteressierten Mädels begleitet, die anscheinend nicht rechnen und auch nicht die Abrechnungsmaschine bedienen konnten und somit ewig brauchten bis jeder seine Verpflegung um teures Geld kaufen konnte, und sich danach gleich wieder in ihren Ecken versteckten.
Man hatte überhaupt nicht das Gefühl, dass die Damen sich nur irgendwie für unser Wohl interessierten. Sie liefen hauptsächlich schnell an uns vorbei und schlossen gleich wieder ihren Vorhang, um dort was auch immer zu machen. Bei diesem Flug hatte ich erstmals das Gefühl, dass im Falle einer Komplikation sicher das Flugpersonal als erster das „sinkende Schiff“ verlassen würde. Interesse oder eine Nuance von Verantwortung für unser Befinden war auf dem gesamten Flug nicht zu spüren.
Zur Krönung erfolgte dann noch ein Streit unseres Reihennachbarn. Er hatte für sich und seine weibliche Begleitung gleich 4 Bier auf einmal bestellt und gekauft, weil er anscheinend nicht solange auf die nächste Bestellmöglichkeit – wenn überhaupt – warten wollte. Nach ewigem Hin und Her – Betrag ausrechnen, Getränk überreichen, Geld in Empfang nehmen, Retourgeld heraussuchen und Beleg übergeben – war der „Geschäftsmann“ ganz entsetzt, dass er keinen Mehrwertsteuerbeleg bekam.
Dann ging das Theater erst richtig los. Die Stewardess wusste zuerst überhaupt nicht, was er damit meinte. Sie beantwortete seine Reklamation mit: „Da kommt halt nur dieser Zettel raus!“ Dann drückte sie noch mehrmals auf ihrer Maschine herum, schaffte es zwar noch ein paar mehr Zettel auszudrucken, doch nirgends war die vom Passagier gewünschte Mehrwertsteuer drauf. Sie ging dann sogar noch ihre Chefin fragen und kam nach 30 Minuten zurück, um mitzuteilen, dass sie für dieses Problem keine Lösung hat und das auch noch nie gehört hat.
Somit wurde es schon wieder laut. Denn jetzt wollte der Passagier die Chefin sprechen. Die kam dann nach weiteren 10 Minuten, schien sein Problem auch nicht zu verstehen und bestätigte nochmals, dass das bisher noch nie ein Anliegen war. Dann wollte der „Kunde“ eine Adresse, wo er die gewünschte Mehrwertsteuerrechnung nachfordern kann, denn sonst kommt er den Beleg (4 Bier) für seine Geschäftsreise mit Partnerin nicht von der Steuer absetzen.
Die Stewardess verschwand wieder für die nächsten 10 Minuten und kam dann nicht mit einer Büroadresse zurück, denn sie wusste gar nicht, wo das Büro ist, an das man sich wenden kann und überreichte dem Passagier einen Schmierzettel mit einer handgeschriebenen E-Mail-Adresse (irgendwie würde mich schon interessieren, ob diese E-Mail Adresse überhaupt existiert und ob man dort eine Chance auf vernünftige Antworten hat oder diese Nachricht dann einfach im Nirgendwo verschwindet).
Ein ähnliches Passagier Erlebnis hatten wir beim Rückflug, obwohl die Damen und die Piloten auf dieser Maschine zumindest meistens um unser Wohl bemüht waren. Nur ein Passagier, unser Reihennachbar, war wieder einmal sehr erzürnt. Ihm ging es so wie uns: Maskulino hatte extra mit 15 Euro Aufzahlung pro Person einen Platz mit mehr Beinfreiheit gebucht, nur leider ist es ihm entgangen, dass dies nicht gleichbedeutend einem Fensterplatz ist, auch wenn er im Computer einen Randplatz ausgewählt hat.
Also saß er ganz unglücklich auf einem Mittelplatz neben dem Stewardessenplatz, die immer wieder über seinen Kopf griff – was er gar nicht mag – und das Bordtelefon benutzte, um sich mit ihren Kolleginnen auszutauschen. Das Gute daran war, dass wir als einer der ersten hörten: „Boarding completed“, ich schnell reagierte und eine freie Sitzreihe vor uns entdeckte und schwupps konnten wir dorthin wandern und Maskulino hatte endlich doch noch „seinen“ Fensterplatz ergattert.
Als wir vorwanderten, fragte gleich ein Herr, ob er sich jetzt auf unseren Platz setzten konnte. Auch er hatte gegen Aufzahlung einen Platz mit mehr Beinfreiheit gebucht und sich schon davor beschwert, dass dieser Platz eine Zumutung sein, denn die angebliche „Mehr Beinfreiheit“ schien sich vielleicht um maximal 2-3 cm zu handeln. Die bemühte Stewardess versprach ihm, sich darum zu kümmern, und sobald das Boarding completed ist, sich um eine Lösung umzuschauen.
Allerdings war sie zu langsam: Eine zweite Stewardess, die zuvor von ein paar braungebrannten Jungs in Partykleidung und -stimmung mit Bussi begrüßt hatte, sagte den Jungs, die ihr anscheinend bekannt waren oder zum Flugpersonal a.D. gehörten, gleich Bescheid sobald das Boarden abgeschlossen war und schon war die Komplett-Fußfrei Reihe beim Notausgang, die man dem schon unzufriedenen Herrn zuvor schmackhaft gemacht hatte, besetzt.
Also ging es wieder los, der unzufriedene Fluggast fragte nach der Chefin. Worauf die Stewardess sagte: Das bin ich! Dann wurde er noch grantiger, weil sie anscheinend den ihr bekannten Herren den Vorzug lies und die „angenehme“ Reihe an sie vergab. Der Fluggast meinte sofort: „Das wird eine Meldung geben, das hat ein Nachspiel usw., usw.“ Die Erklärung der Chefstewardess, dass sie ja Verantwortung für die Sicherheit trage und somit die Reihe beim Notausgang nach Möglichkeit mit erfahrenen Passagieren besetzt, da die schon auf das Szenario der Öffnung des Notausstiegs eingeschult sind, machte den Herrn dann noch zorniger. Das Ende der Debatte war, dass er ihr versicherte, er würde sich über sie beschweren, denn das macht kein gutes Licht, wenn man hier an Board eine „Freunderlwirtschaft“ betreibt.
Lange Rede, kurzer Sinn: Ja, wir hatten einen guten Flug, der uns allerdings erstmals an ein Schauspiel, eine Komödie oder ein Kabarett erinnerte und somit vom schönen Feeling und den vielleicht tollen Ausblicken ablenkte und nicht zur Ruhe kommen ließ. Und wir werden wieder fliegen, allerdings nur mehr mit unserem Selbstversorgerrucksack, der dann sicher mit an Bord ist.
Und um euch die Flugfreude nicht ganz zu verderben, hier noch ein paar schöne Bilder, die sich – egal ob Billig- oder „Teuerflug“ nicht ändern, die Aussicht und die Stimmung über den Wolken scheint (noch) und überall dieselbe zu sein und ich genieße sie jedes Mal aufs Neue. (Hoffentlich fällt nicht einer findigen Person noch eine Gebühr für die Freischaltung der Aussicht ein, …)
Alles Liebe, Guten und Sicheren Flug, wo auch immer euch die nächste Reise hinführt – vielleicht ja schon ins nächste Jahr 2019 – wünscht
Gelly
Gellyblog