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Unser Weg zur „Gruft“

Wohin begibt man sich für einen Sonntagsspaziergang in Wien? Vor einiger Zeit konnte ich Maskulino dazu motivieren, mit einer Tasche bepackt, einen sonntäglichen Besuch in der „Gruft“ einzuplanen – erleichterndes Entsorgen, eine gute Tat, Bewegung in der frischen Luft und eine bleibende Erinnerung waren mit dabei.

Grundsätzlich habe ich ja schon oft Frühjahrsputz gemacht und versucht, die Dinge, die ich nicht mehr brauche, einem sozialen Zweck zuzuführen. Doch es macht doch einen Unterschied, ob man Altkleider in einen Container wirft, noch verwendbare Dinge beim Tandlermarktcontainer an den Müllplätzen abstellt oder direkt zum Ort des Geschehens geht und dringend gebrauchtes direkt in sich öffnende Hände abgibt.

Der Auslöser für den Weg dorthin waren verschiedene Konservendosen, die ich für die Vorbereitung einer medizinischen Untersuchung zuhause angehäuft und bis heute gelagert hatte – hauptsächlich Kompott! Nachdem ich jetzt wieder meine Frischobstversorgung angekurbelt habe, hatte ich für diese Art von Vitaminen keine Verwendung mehr. Also wohin damit?

Beim Recherchieren von Spendemöglichkeiten stieß ich auch den dringenden Spendenaufruf von der sozialen Einrichtung : die „Gruft“: https://www.gruft.at/spenden/sachspenden/

Es wurden zwar keine Kompottkonservendosen gesucht, doch so manche anderen Dinge dringend benötigt, von denen ich auch so manches in unserem Haushalt finden konnte. Meine Hygieneartikel für die monatlichen Frauentage, für die ich seit einigen Jahren keine Verwendung mehr habe oder Maskulinos Einwegrasierer, von denen er gefühlt hunderte gelagert hatte und selbst schon auf ein Mehrklingensystem umgestiegen ist, das er aber nur an Urlaubstagen abseits von unseren Zwischenzeitwohnsitzen benötigt.

Also sammelten wir abgesehen von den dringend benötigten Hilfsmitteln noch ein paar Dinge aus der Rubrik: „Wir freuen uns über …“ zusammen und waren begeistert, dass wir die gesammelten Gegenstände sogar an einem Sonntag hinbringen konnten. Eigentlich eh` logisch, Wohnungslose sind ja meist auch ohne geregeltes Einkommen und da verlieren die Wochentage an Bedeutung. Einen Schlafplatz braucht man jeden Tag und der Hunger richtet sich auch nicht nach dem Kalender.

Unsere Tasche auf der Schulter nutzten wir den Bus zum Hinkommen, was eine sehr bequeme Möglichkeit war. Es war vor Ort ganz toll angeschrieben, wohin wir mit unserer Spendentasche gehen sollten. Als wir uns zwischen den gerade im Stehen Suppe essenden Besuchern der Einrichtung hindurchschlängelten, kam uns schon jemand entgegen, der seine Hände entgegenstreckte und die „Spende“ in Empfang nehmen wollte.

Meine erste Reaktion war gleich – Aber nicht nur für sie, da ist für „alle“ was dabei. Diese Aussage war erstens naiv, denn so groß war meine Spendentasche sicher nicht, dass für jeden etwas dabei gewesen wäre, denn die Menge an Leuten, die hungrig ihre wärmende Suppe zu sich nahmen, war sicher größer als die Anzahl der Taschentücher, die ich z.B. mitgebracht hatte. Und zweitens war mein Misstrauen unbegründet, denn der freundliche Herr zeigte mir den Schlüssel, den er in der Hand hatte und den Weg zum Spendenlager, wo er meine Güter abstellte, bis sie zur Verteilung kamen.
Unsere Spende war nur eine kleine, doch ich glaube, sie wird nicht unsere Letzte gewesen sein:

Es war wirklich beeindruckend, wie gut die Einrichtung organisiert ist und mich begeistert vor allem, dass die Sachspenden, die dringend benötigt werden, direkt auf der Homepage angeführt sind. Denn so kann man wirklich gezielt, Dinge eventuell sogar einkaufen und hinbringen bevor man sich selbst wieder etwas Unnötiges kauft.

Skurril – aber gleichzeitig auch perfekt – finde ich die Lage, denn nur ein paar Meter weiter befindet man sich in einer der größten Einkaufsstraßen Österreichs, wo jeden Tag tausende von Österreichern und Touristen ihrer Einkaufslust nachgeben und oft mit vielen, vielen Taschen und einer heißgelaufenen Kreditkarte gesichtet werden.

Nachdem das Prozedere so einfach war und die Öffnungszeiten mit täglich von 7.30 Uhr bis 21.30 Uhr angegeben sind, werde ich sicher bei meiner nächsten Shopping Tour automatisch an diesen Ort für Menschen, die diese Lust nicht ausleben können, sondern ganz andere Sorgen haben, denken und vielleicht sogar meine Shoppinglust umlenken und die eine oder andere Taschentuchpackung, Kleidungsstücke oder Konservendosen organisieren und gleich persönlich vorbeibringen.

Und mit diesem schönen Gefühl, an einem Sonntag in Wien etwas Gutes getan zu haben, schaut die Stadt und alle anderen Schauplätze dann gleich noch viel schöner aus. Auf jeden Fall hat diesen Stadtspaziergang ein riesiges Dankbarkeitsgefühl begleitet, dass wir nicht in dieser Notlage sind, wie viele andere Stadtbewohner – und es kann ganz schnell gehen und jeden von uns Treffen.

Also hier unsere Dankbarkeitsfotos für die Möglichkeit, ein Dach über den Kopf zu haben und ein geregeltes Einkommen, um dieses auch erhalten zu können – von unserem Stadtspaziergang nach der guten Tat. Unser Weg führte über den Naschmarkt, zur Sezession, zum Wiener Eislaufverein, zum Stadtpark bis zur Urania.

Normalerweise beenden Maskulino und ich solche Spaziergänge, mit einer Einkehr in einem netten Kaffeehaus, um den Tag nett ausklingen zu lassen. Doch an diesem Tag hatten wir keine Lust, unseren Kaffee – vielleicht sogar mit Kuchen – in einem Lokal zu konsumieren, sondern hatten irgendwie das Bedürfniss, den Sonntag Nachmittag in unserem Zuhause zu Verbringen.

Auch hier konnten wir wieder dieses Luxusgefühl und die Dankbarkeit dafür spüren, dass wir uns jederzeit in unsere warmen vier Wände zurückziehen und einfach den Knopf auf der Kaffeemaschine drücken können, wenn uns danach ist und somit unsere Gemütlichkeit selbst gestalten können.

Hut ab, vor allen sozialen Einrichtungen und deren Mitarbeitern, die meist mit unermüdlichen Einsatz, dieses „Zuhause“ Gefühl für wohnungslose Menschen zumindest für ein paar kurze Momente hervorzaubern. Dankeschön!

Alles Liebe und gemütliche Sonntage in warmen Stuben

wünscht Gelly

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